Liebe Frau Raufuss, Du bist doch auch Pädagogin? Meine Tochter ist 3 Jahre alt und bringt mich oft an meine Grenzen. Neulich hat sie sich beim Einkaufen auf den Boden geschmissen. Ich wollte ihr keine Süßigkeit an der Kasse kaufen und sie ist total ausgerastet. Hast du einen Tipp für mich?
Als diese Mail in mein Postfach flattert muss ich ein wenig schmunzeln. Das Kalinchen ist nämlich Königin im „Ich-schmeiß-mich-auf-den-Boden-weil-ich-das-jetzt-will-und-zwar-sofort“. Mittlerweile ist es erträglich geworden und wir haben genaue Absprachen. Ich habe aber immer ein wenig Mitleid mit den Müttern, deren Kinder an der Kasse dieses Spiel spielen. Das Schwitzen und die blöden Blicke der anderen verunsichern nämlich noch mehr und man fühlt sich direkt als schlechteste Mutter der Welt. In den Augen der Menschen in der Schlange ist man das wohlmöglich auch. Die Trotzphase bringt viele Eltern an ihre Grenzen.
Wie ich das mache? Und was mein Pädagogenkopf dazu sagt?
Kinder brauchen Grenzen. Das ist einer meiner meistgesagtesten Sätze an andere Eltern. Innerhalb dieser Grenzen ist das Austesten aber enorm wichtig. Es stärkt und formt den kleinen neuen Charakter. Wir Eltern haben die Aufgabe diesen Raum der Grenzen zu schaffen. Eine klare Kommunikation sollte an dieser Stelle gegeben sein. Ebenso sollten die Konsequenzen klar formuliert werden. Kurz um: Formuliere klar deinen Standpunkt und kommuniziere was passiert, wenn dein Kind meint, einen Affentanz aufführen zu wollen.
Kinder mit 3 Jahren brauchen in ihrer Autonomiephase eine führende Hand, die aber zeitgleich nicht als blöder Erwachsener rüberkommt. Wie ich das meine? Stell dich nicht über dein Kind, stell dich mit ihm auf eine Ebene. Natürlich bist du der Erwachsene, dein Kind ist aber ebenso ein vollwertiger Mensch, der ernst genommen werden will. Die Trotzphase ist eine wichtige Phase in der Entwicklung deines Kindes.
Jesper Juul hat mal gesagt: Starke Kinder brauchen starke Eltern. Schmeißt sich ein Kind auf den Boden und bockt, müssen Eltern als allererstes gelassen und ruhig bleiben. Eine Diskussion bringt an dieser Stelle überhaupt nichts, im schlimmsten Fall verschlimmert sie den Wutanfall nur noch.
Trotzphase: Ein typisches Beispiel
Wir befinden uns also im Supermarkt an der Kasse. Ein tägliches Szenario, welches alle Eltern kennen. Du packst deinen Einkauf auf das Band und in dem Moment schmeißt sich dein Kind auf den Boden. Die Nörgelei, dass der Nachwuchs dringend ein Stück Schokolade braucht, hast du gekonnt ignoriert. Und jetzt? Jetzt liegt dein schreiendes, brüllendes Kind auf dem Boden und alle Blicke fressen dich auf. Du hast jetzt mehrere Möglichkeiten:
- Du ignorierst dein Kind. Wenn ich diese Möglichkeit wähle, habe ich selber gute Laune und genug Kraft um das Spiel auszusitzen. „Bleib ruhig auf dem Boden liegen. Du bekommst trotzdem keine Schokolade. Wenn du dich beruhigst, kann ich dich gerne auf den Arm nehmen. “ Meine Tochter bekommt somit das Gefühl, dass ihr Verhalten nicht zu ihrem gewünschten Ziel führt, ich sie aber zeitgleich trotzdem akzeptieren.
- Du ermutigst dein Kind aufzuhören. Dafür knie ich mich immer zu meiner Tochter, versuche sie hochzunehmen und abzulenken. „Meinst du nicht, dass das Brüllen total blöd ist? Magst du mir nicht helfen, den Einkauf einzupacken?“ Meistens klappt das Ablenken sehr gut und sie schnieft nur noch ein bisschen.
Welche Fehler Du machen kannst?
- Du gibst nach. „Wenn du jetzt aufhörst, bekommst du eine Schokolade.“ So weiss dein Kind: Wenn ich mich genug aufrege, wütend bin und schreie, bekomme ich das, was ich will. Kinder haben gute Sensoren für solche Reaktionen. Sie merken sich das und spulen ihr Verhalten immer wieder ab. Ihr Gehirn speichert deine Reaktion als Lernerfolg ab, ein positiver Lerneffekt. Du hast also immer wieder mit solchen Aktionen zu rechnen, denn dein Kind glaubt, dass das Spiel so funktioniert.
- Du diskutierst mit deinem Kind. „Ich fände es total schön, wenn du jetzt aufhörst. Was möchtest du denn genau? Was kann ich machen, damit es dir besser geht? Wie kann ich dafür sorgen, dass du aufhörst zu weinen?“ Denk immer daran: Du bist der Erwachsene, du machst die Spielregeln. Dein Kind lernt von dir und imitiert dich in vielen Situationen.
Und mein ultimativer Tipp: Verabredet doch vorher, dass sich dein Kind genau eine Sache aussuchen darf. Bei uns ist ganz klar, wer mit zum Einkaufen kommt, darf sich etwas aussuchen. Somit ist das Kalinchen fast die ganze Zeit damit beschäftigt, etwas passendes zu suchen. Wir erleben kein Drama mehr an der Kasse und die Wutanfälle sind weniger geworden….
Wie läuft das bei Euch? Welchen Tipp würdet ihr anderen Müttern geben?
Die Raufuss <3
7 comments
Vor dem einkaufen einen Zettel zusammen erstellen hilft auch. Das Kind ist dann mit. Dabei bei der Planung. Wenn man Bock hat, kann man vorher Dinge aus prospekten ausschneiden und aufkleben, als Bilder einkaufszettel (hat meine alte Kita so gehandhabt, wenn wir fürs Frühstück einkaufen waren). Klappt auch bei meiner dreijährigen super.
Oder eben wie du es machst, eine Sache darf sie sich aussuchen.
Der Einkauf ist dann wesentlich entspannter.
Die Idee ist ja super! Das probiere ich direkt aus! Danke!
Mit unserer großen Tochter (4,5) haben wir so ein Dilemma gar nicht mehr und auch sehr wenig gehabt. Die Kleine (fast 2) hat das umso schlimmer. Allerdings nicht nur an der Kasse, sondern auch gerne in der Obst-und Gemüseabteilung. Sie will alles haben, aufmachen, anknabbern. Sie versteht leider noch nicht, was ein Supermarkt ist und brüllt sich so durch den Laden inkl. im Wagen sitzen ist nicht. An der Kasse läuft sie mir dann regelmäßig weg – nach draußen auf den Parkplatz. Noch Fragen?
Oh das kenn ich nur zu gut…Gerade wieder hatte ich so ein Kind im Aldi dabei…Der Böse Blick war heute mein ständiger Begleiter…
Mein Tipps (mit einem Augenzwinkern)
1. alleine gehen! Seit beide Kinder im Kindergarten sind versuche ich meine Einkäufe während dieser Zeit zu erledigen.
2. Immer an die Kasse mit den Alkoholika anstellen
3. Alleine gehen
4. Darauf verweisen, dass wir noch Ü-Eier, Gummibärchen etc noch zuhause haben
5. Alleine gehen
Ich muss aber zugeben, dass ich echt Glück habe mit meinen beiden. Bei uns ist eher der Kampf wer wo sitzen darf. Mit zwei Kindern ist der absolute Horror für mich, das versuche ich immer zu vermeiden. Wenn dann mal samstags mit der Kleinen und der Große hat Papa Zeit.
Bei uns gibt es von mir klare Ansagen, vor dem Einkaufen. Wer sich nicht benehmen kann, darf auch nicht mehr mit einkaufen. Einkaufen ist hier im Moment das Highlight, also nicht mitdürfen ist wirklich die Höchststrafe.
Wir schreiben den Zettel zusammen, bzw. sie sitzt daneben und sagt an, was sie meint, was wir brauchen. Wir sprechen kurz über den Zettel. Soweit es möglich ist, darf sie selbst einen kleinen Wagen durch den Supermarkt fahren und auch selbst Sachen (nach Anweisung) einpacken. Soweit es an der Kasse leer ist, darf sie auch selber die Waren aufs Band legen und auch der Kassiererin das Geld geben.
Bei größeren Einkäufen gehen wir entweder alle zusammen, oder nur einer alleine ohne Kind.
Das auf den Boden werfen hatten wir noch nicht. Vielleicht reicht unsere Taktik, das Kind beim Einkaufen mit einzubeziehen aus, damit uns das erspart bleibt… (die Hoffnung stirbt zuletzt).
Die Idee Bilder auf den Einkaufszettel zu kleben, finde ich super. Muss ich mir mal merken.
[…] zu dem Buch kommt meine Inspiration der Woche aus einer ganz ähnlichen Ecke. Frau Raufuß vom Blog Kalinchens hat in dieser Woche darüber gebloggt, wie sie mit Wutzwerg einen Einkauf […]