Es ist Donnerstagabend. Ich sitze auf der Couch und die Tränen kullern nur so über mein Gesicht. Zwischen Kind, Uni, meinem Job, dem Haushalt und den zahlreichen Aktivitäten, die eben so anstehen, balanciere ich seit vielen Wochen einfach so her. Die Küche ist nicht aufgeräumt, was mir nicht passt, weil ich ungerne ins Bett gehe, wenn gerade das nicht fertig ist. Das Kind hatten einen schlechten Tag. Warum? Weil auch das zum Alltag gehört und eben normal ist. Ich bin müde, genervt und würde zu gerne ein kleines Mäuschen sein, das mal bei anderen Familien spioniert. Wie viel Kraft haben Mütter eigentlich in Reserve?
Lange telefoniere ich an diesem Abend. Mit Frauen, die Mütter sind und denen es genauso geht. Ich höre Geschichten von nicht schlafenden Kindern, durchzechten Nächten, Augenringen und arbeitenden Vätern, die in der Woche faktisch nicht aktiv am Familienleben teilnehmen. Schlaflosen Nächten, denn To Do Listen fangen immer erst nach 21 Uhr an zu denken. Einem Auto, das nach Wochen der Anstrengung mit Benzin statt Diesel getankt wird und irgendwann frage ich mich, woher wir Mütter unsere ganze Kraft nehmen.
Ja, das Muttersein haben wir uns alle ausgesucht. Und mal ganz unter uns, es gibt nichts schöneres im Leben. Aber manchmal, da muss man eben auch jammern dürfen und seine Erschöpfung zeigen. Da ist die Lust auf Streit am Morgen, welche Cornflakes sehen nicht nur gut aus sondern schmecken auch gut, ziemlich gering und das Fass läuft dann einfach über. Mein neuester Trick: Ich atme tief ein, gehe aus dem Zimmer und warte dann eben einfach ab. Diese Toleranz funktioniert in 7 von 10 Fällen. Das Ein-und Ausatmen fällt mir zwar immer leichter, aber der Balanceakt zwischen dem was gut für mich ist und dem was meine Aufgaben sind, ist ganz schön eng.
Woher kommen diese Zauberkräfte? Gibt es eine geheime Fee, die nachts durch die Betten reist und komplett erschöpften Müttern eine Portion Kraft ins Gesicht pustet, damit diese am nächsten Morgen wieder in den normalen Wahnsinn einsteigen? Ich habe schlicht und einfach keine Ahnung. Aber ganz plötzlich habe ich am nächsten Morgen super Laune. Das blonde Mädchen und ich tanzen zum Frühstück, das Anziehen klappt innerhalb von Sekunden und die Cornflakes werden einfach so in die Schüssel geschüttet. Wir lachen, nehmen uns feste in den Arm und freuen uns auf das Abholen am Mittag. Ist es das, was uns über Wasser hält? Strahlende Kinderaugen und schöne Momente, die theoretisch sofort in einem Marmeladenglas aufgehoben werden müssen.
Das was anstrengend ist, ist der Alltag. Die 723 Termine, die man als Mutter eben so hat. Schwimmunterricht, Sporttraining, Musikschule, Termine bei Ärzten, Erledigungen zu denen Kinder mitmüssen und gerade vor den Sommerferien fallen die 154 Sommerfeste statt. Und jedes Mal heißt es Kuchen backen, Salate zaubern und mit kreativen Ideen voll und ganz dabei sein. Warum wir Mütter das tun? Weil das eben so ist. Weil wir das von uns selbst erwarten, denn es ist eben so.
Gestern Abend saß ich lange mit meinen Freundinnen zusammen. Bei Kerzenschein und netten Gesprächen kam die Anspannung von jeder von uns nach wenigen Minuten ans Tageslicht. „Ich weiss manchmal nicht, wie ich das alles schaffe. Aber es funktioniert einfach.“ Ob das ein Phänomen der Generation von selbstbestimmten Frauen ist? Frauen, die über verschiedene Möglichkeiten nachdenken? Ich glaube es ist eine große Mischung aus allem. Aus Frauen, die für ihre Kinder alles möglich machen wollen, sich an die letzte Stelle der Kette stellen und die auf gar keinen Fall negativ auffallen möchten.
Was ich mir nach diesem Abend wünsche? Eine Fee. Die jeden Abend durch Zimmer fliegt und erschöpften Müttern Zauberstaub ins Gesicht pustet. Und solange es diese Fee nicht gibt, müssen wir Mütter uns einfach unterstützen. Anderen Mut zusprechen, offene Ohren haben und füreinander da sein.
frauraufuss