Die Entwicklung von Kindern ist der Individuellste Teil der Entwicklung, der im Verlauf der Kindheit durchlaufen wird. Aus kleinen Säuglingen werden laufende Kleinkinder, die später ganz plötzlich große Fahrradprofis sind. Müssen Eltern die Selbständigkeit bei Kindern erziehen oder reicht ein bloßes fördern der vorhandenen Ressourcen?
Schon oft habe ich mir über die Rolle von Eltern Gedanken gemacht. Mittlerweile habe ich da ein ganz gutes Gerüst in meinem Kopf. Für mich sind Eltern die wichtigsten prägenden Personen im Leben eines Kindes. Auf der einen Seite sind wir zuständig für banale Aufgaben wie die Nahrungsaufnahme, die Kontrolle der Ausscheidungen und die Pflege unserer Kinder. Auf der anderen Seite bauen wir schon ab dem ersten Tag als Eltern einen virtuellen Raum mit Grenzen, die unsere Kinder austesten dürfen und müssen. Diese Grenzen setzt jede Familie anders und jeder hat andere grundsätzliche Werte, die er seinem Kind weitergeben möchte. In meinem Kopf sehe ich mich also mit meiner Tochter an der Hand. Gemeinsam durchlaufen wir unseren gemeinsamen Raum, mit den Grenzen, die wir Eltern setzen und vielen Möglichkeiten, um die Entwicklung spannend zu gestalten. Denn nach wie vor bin ich davon überzeugt, dass Kinder einen Mix zwischen Gewohntem und Neuem brauchen. Gewohntes darf durchaus manchmal durch ungewohnte neue Möglichkeiten gebrochen werden, nur so können sich Kinder auf das „normale Leben“ vorbereiten.
Wie ist das denn jetzt mit der Selbständigkeit bei Kindern?
Wenn ich auf meine eigene Kindheit zurückblicke, dann fällt mir auf, dass meine Mutter uns immer dazu ermutig hat, Dinge selber zu machen. Sei es ein Brot selber zu schmieren oder die doofe hässliche Winterjacke selber zuzumachen (Die Jacke war wirklich absolut hässlich und schreit heute ganz laut 90er und gekratzt hat die auch…) Bei meiner Tochter handhaben wir das genauso. Ihr erster geschriener Lieblingssatz war: „IS MASSS DAS LLLEINE!“ Stundenlang saßen wir im Flur und versuchten Schuhe und Jacke anzuziehen, und das zweimal am Tag. Diese Methode fordert ungemein Geduld und ich wäre ein Lügner, wenn ich nicht sagen würde, dass mein Nervenkostüm an vielen Tagen ganz schön mitgenommen aussah. All das, was man ihr zutrauen konnte haben wir ihr zugetraut. Viel wichtiger ist aber, dass man Kindern auch das zutraut, was sie sich selber zutrauen. Denn auch Überschätzung und das Nicht-Erreichen von Zielen gehört zur Entwicklung und zum Groß-werden dazu. Das wichtigste, was Eltern in diesen Situationen machen können? Bedingungslos in ihr Kind vertrauen, helfend zur Seite stehen und den Kindern Mut machen. Gerade frage ich mich ernsthaft, ob diese Methode eine Erziehung oder eine Förderung ist. Mein Kopf schreit ganz laut, dass es einfach unser normales Leben ist und wir das blonde Mädchen nur unterstützen, Dinge selbst zu erleben und zu lernen.
Und dann ist da dieser Moment
Und manchmal sind es große Meilensteine, die einfach so geschehen. Gestern Morgen stand das kleine Kind, trotz Fieber und schlechter Laune, komplett angezogen neben mir und verkündete, dass sie jetzt ganz alleine zum Bäcker gehen würde. Mein kleines Mädchen, dass an vielen Tagen so großen Respekt vor Fremden hat, sich gerne hinter meinem Rücken versteckt und niemals alleine irgendwo hingehen würde. Ab jetzt wird hier also der Schweinehund bezwungen…Mit einem Einkaufszettel und Geld bewaffnet gingen wir zur Straße, ich durfte nur nach den Autos gucken und auf gar keinen Fall mitkommen. Nach 5 Minuten kam ein strahlendes, 10 Meter großes Kind aus dem Bäcker. In der einen Hand eine große Tüte mit Brötchen und in der anderen das Wechselgeld mit Kassenbon. So plötzlich kann das gehen.
Ich bin unglaublich stolz, denn erst jetzt merke ich, dass wir den richtigen Weg für unser Kind gewählt haben. Am Nachmittag durfte ich dann auch nicht mehr beim Lego Aufbau helfen, sie macht das jetzt alleine, denn schließlich kommt sie im Sommer in die Schule und Mamas brauchen auch mal Pausen, um Kaffee zu trinken….Selbständigkeit bei Kindern ist also überhaupt nichts Schlimmes und hat auch für Eltern gewisse Vorteile!
In diesem Sinne ermutige ich euch alle, in eure Kinder zu vertrauen, denn der Tag wird kommen, an dem ihr einfach dasitzen dürft und Kaffee trinkt….
frauraufuss
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Oh, wie schön!
Mein 4Jähriger besteht auch darauf, alleine zur Babysitterin zu gehen. Wir wohnen ländlich. Er muss nur die Straße runter. Aber ich musste doch ein wenig schlucken, als es so weit war. Nur das Alleine Spielen, das will bisher nur selten funktionieren Warten wir mal ab…