Frauraufuss macht Rückbildung und zwar in Leggings. Das mag den einen oder anderen jetzt überraschen, denn wenn eins fest steht, dann dass ich Sport vernachlässige und niemals freiwillig Übungen machen würden, die nach 2 Tagen Muskelkater machen. Aber jetzt nach zwei Kindern und zwei Geburten bleibt mir nichts anders übrig. So stiefel ich jetzt also regelmäßig in den Rückbildungskurs, schwitze mit anderen Muttis und lerne nebenbei neue Erkenntnisse über das Leben mit Baby.
Der Kurs beginnt um 9.30 Uhr. Schon um 7 Uhr bin ich gestresst: „ Wie werde ich jemals pünktlich und gewaschen dort ankommen?“ Wer ein Baby hat, weiss, dass Termine, die aus einem festen Zeitfenster bestehen, einiges an Disziplin erfordern. Die Wickeltasche habe ich vorsichtshalber am Abend vorher gepackt, denn sie wirkt neuerdings so, als würden wir für mehrere Wochen verreisen. Der kleine Knirps hat das mit dem Spucken zur Tagesaufgabe gemacht und ohne mehrere Wechseloutfits verlässt hier niemand das Haus. Nach mehreren Versuchen die Dusche wirklich von innen zu sehen, einem Kampf um das richtige Frühstück für das große Kind, 3 Stillmahlzeiten, einem vollgespuckten Still-Top, einer Umziehaktion für das Baby, der Frage nach dem Mittagessen, einer angestellten Maschine Wäsche und einem trockenen Brot zwischen meinen Zähnen verlassen wir das Haus. Mit dem Baby in der Trage, unserer Umzugstasche und nassen Haaren komme ich am Ort des Geschehens an. Und da kommen sie, die anderen Mamis. Woran ich erkenne, dass sie auch in den Kurs gehören?
Sie sehen genauso müde aus, wie ich. Die Augenringe sind gemein, fürs Schminken und Abdecken hat die Zeit am Morgen nicht gereicht und garantiert war auch keine Zeit für einen entspannten Kaffee. Sie wirken gehetzt, genervt, kaputt und gleichzeitig strahlen sie diese abgedrehte Verliebtheit aus, die den Weltfrieden herstellen könnte und in dessen Blase ich nun seit 10 Wochen lebe. Schlafmangel? Den sieht man zwar, den spürt man, aber er kann uns fast nichts anhaben.
Im Kursraum angekommen, packen wir alle unseren halben Hausstand aus. Schnell kommen wir ins Gespräch, mit Babys und Kindern geht das ja meist recht zügig, und die wichtigsten Infos werden ausgetauscht. Hier muss sich eigentlich niemand verstecken, denn das Babys ungerne schlafen, viel Nähe brauchen und man nichts hinbekommt, das wissen wir Mütter eben. Also das dachte ich bisher. Zwei Mütter aber wirken irgendwie zurückgezogen, verdrehen die Augen und finden sich nicht im Gespräch ein. Es sind die zwei, die ohne Baby in den Kurs gekommen sind. Im ersten Moment frage ich mich wirklich, wo die Babys abgeblieben sind. Dazu aber später mehr.
Der Kurs beginnt und vor mir liegt ein wild zappelnder und gut gelaunter kleiner Knirps. Ich bin ein bisschen stolz, denn mit dem großen Mädchen wäre so ein Kurs niemals denkbar gewesen. Viele Menschen, viele Reize, eine ungewohnte Umgebung ? Nichts für das große Mädchen. Aber der kleine Knirps ist zufrieden, flirtet mit dem Mädchen neben uns und ich quäle meinen Körper durch die Übungen. In den Ruhepausen fällt mir die Mutter neben mir auf. Ihr Baby weint viel, wirkt unzufrieden und erinnert mich an meine Tochter. In ihren Augen sehe ich Tränen, das Gefühl zu versagen und die Angst, von anderen für das kleine Mäuschen schief angeschaut zu werden. Sie tut mir leid und ich würde sie am liebsten fest drücken und laut schreien, dass nicht jedes Baby entspannt durch die Welt schaut und sie bitte bitte nichts auf die Meinungen und Blicke anderer geben soll.
Wir liegen auf dem Bauch und sollen komische Dinge mit unserem Oberkörper machen. Meine linke Brust ist gespannt, denn der Sohn müsste dringend etwas trinken. Ich fange an zu lachen, werde von allen anderen angestarrt und sage nur: „Meine linke Brust platzt gleich, wenn ich mich jetzt darauf lege laufe ich aus. Ihr kennt das!“ Die Hälfte der Mütter lacht mit mir, nickt zustimmend zu und für einen kurzen Moment spüre ich dieses Gefühl der Mütter-Solidarität. Doch dann.
Als wir uns umziehen, höre ich das Gespräch der zwei Mütter, die ohne Baby gekommen sind. „Die ist doch selber schuld, wenn sie stillt. Und, dass die alle ihre Babys dabei haben. Also bei uns zu Hause ist der Babysitter, damit ich auch mal Zeit für mich habe.“
Erst bin ich geschockt. Dann neidisch, dann wieder geschockt. Ja, diese Sache mit der Stillerei ist nicht jeden Tag nur praktisch und schön. Ja, ich habe wenig Zeit für mich und freie Zeit. Aber. Ich genieße diese intensive Zeit mit meinem kleinen Sohn, das viele Kuscheln, die Nähe und das Gefühl all seinen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Wenn ich eins in den letzten sechs Jahren gelernt habe, dann, dass es unterschiedliche Auffassungen von Mutterschaft gibt. Für mich bedeutet es aber, dass ich gerade in den ersten Wochen und Monaten nach der Geburt für mein Baby da bin und das alte Leben in vielen Bereichen für einen längeren Moment ruht.
Das Leben mit Baby hält eben immer Überraschungen parat.
Eure Lieblingsgeschichte vom Kinderarzt, von der Rückbildung oder aus dem Vorbereitungskurs?
frauraufuss <3
2 comments
… Das kenne ich leider aus der eigenen Schwiegerfamilie: Wenn du das Kind nicht stillen würdest, müsstest du dir keinen Stress machen und könntest alleine zum Rückbildumgskurs, mit einem der Großen was unternehmen, in Ruhe einkaufen gehen und und und….
Gut gemeint? Nein, ich würde mir Aufmunterung wünschen. Dass es gut ist, einige Monate lang im absoluten Ausnahmezustand zu leben. Dass ich andere Hilfe brauche als das Baby bei der Verwandtschaft zu parken. Dass ich das Baby gerne um mich habe. Und ja, es gibt manchmal Stess mit den beiden Großen. Aber sie lernen, das zu verstehen, dass der kleine Bruder Bedürfnisse hat, für die derzeit noch ausnahmslos die Mama da ist.
Genau. Hier wird nur angeboten das Baby abzunehmen. Nein danke. Mich stresst der Haushalt, das Ganze drum herum. Nxiht meine Kinder, die hab ich gern im mich. Aber für den Haushalt, da will keiner helfen . Oder einfach mal 1-2 Stunden da sein und nxiht nur auf dem Stuhl sitzen udn kaffe trinken udn mit uns erwachsenen reden wollen. Sondern sich zu den Kindern setzten, den Tisch nach dem Essen sauber machen etc. DAS wäre für mich die beste Hilfe .