„Warum haben wir nur einen Gott?“ Freitagmorgen 7.40 Uhr. Das Kind sitzt im Bad, putzt sich die Zähne und philosophiert mal wieder so rum. Meine Augen sind schwer, sehr schwer. Die letzte Nacht war ein kleiner Albtraum und ich sehne mich so sehr nach einer Tasse Kaffee. Vielmehr würde ich mich aber über das Ende der Warum Phase freuen. Bis zum heutigen Abend wird das Kind 73 Mal nach dem „Warum“ gefragt haben. Ich werde 73 Mal tief eingeatmet haben und meinen Kopf zum Nachdenken angeregt haben. Auf die Hälfte der Fragen habe ich keine Antworten, etwa ein Viertel davon muss ich aufschreiben, googeln oder einen Experten befragen.
„Mama, was weißt du eigentlich?“
Machen wir uns nichts vor. Niemand auf dieser Welt weiß alles. Wir Mütter hingegen entwickeln unglaubliche Superkräfte, um die wirrsten Fragen unserer Kinder zu beantworten. Ein „Weil das so ist“ zählt hier schon überhaupt gar nicht mehr als Antwort. Wenn ich etwas nicht weiss, dann werden die kleinen braunen Augen gerollt und das Kind hat schon mehrmals gefragt, was ich denn überhaupt weiss. Warum wir nur einen Gott haben? Weil Gott die Welt erschaffen hat und unser Schöpfer ist. (Und Nein, wir sind keine Extrem Christen. Wir leben einfach nur ein ganz normales Leben, mit einigen Bezügen zum Christentum. Wir beten manchmal, singen Lieder aus der Kirche, reden über Gott und lesen die Kinderbibel.) „Aber warum hat Gott die Welt erschaffen?“ „Damit wir Menschen einen Ort zum Leben haben. Und sonst wäre ich ja nicht deine Mama geworden. Das würde ich ziemlich doof finden.“ Im Auto ist es kurz still. In solchen Momenten denkt das Kind scharf nach und wird garantiert in wenigen Sekunden die nächste Frage raushauen.
Auf viele Fragen habe ich keine Antworten. Weil ich es nicht weiss oder mir darüber nie Gedanken gemacht habe. Warum bekommen Frauen die Kinder? Ein klassischer Fall von „Weil das so ist“. Warum sterben wir? Weil das Leben endlich ist. Weil jeden Tag unzählige neue Babys geboren werden und die Welt keinen Platz für alle Menschen hätte, wenn unser Leben nicht irgendwann zu Ende wäre. Warum gibt es Krankheiten? Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Weil die Natur eben nicht alles perfekt machen kann und keine Fehler in unsere Körper einbaut…Warum streiten wir Menschen? Weil wir unterschiedlich sind, unterschiedliche Erwartungen haben und anders ticken. Weil wir unsere Ziele auf verschiedene Wege erreichen wollen.
Wofür die Warum Phase gut ist…
Nicht nur für Kinder ist die Warum Phase unglaublich wichtig. Das Interesse an der Welt, dem Umfeld und dem Leben ist fürs Großwerden wichtig. Denn nur durch Fragen kann das Wissen vermehrt werden. Das klingt banal, ist aber so. Denn nur weil das Kind sich mit Fragen beschäftigt, hat sie die Chance ihr Wissen zu vergrößern. Wir Eltern sind oft genervt und haben keine Kraft für die unzähligen Warums. Als ich am Freitag Abend im Bett liege, denke ich lange über die 73 Warums nach. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein und zeigen das Chaos des kleine Kopfes. Von Religionen, über Flugzeuge und die Flugtechnik bis hin zur Ernährung und Gemüse, in allen Bereichen hat das Kind anscheinend gerade großes Interesse, das Wissen zu vergrößern. Ich weiss nicht alles, auf viele Fragen habe ich einfach keine Antwort. Ich kann aber gemeinsam mit meiner Tochter daran arbeiten auch mein Wissen zu vergrößern und mir über viele Dinge Gedanken zu machen. Eltern zu sein, bedeutet ein Leben lang zu lernen. Über das Kind, mit dem Kind und auch über einen selbst.
Was ich weiß? Dass ich eben noch nicht genug weiß. Nicht genug über das Chaos im Kopf des Kindes, nicht genug über die Religionen der Welt, nicht genug über Philosophie, nicht genug über das Leben. Und vor allem nicht genug über das Mamasein, das Elternsein. Denn es ist jeden Tag neu und wunderschön.
FrauRaufuss
1 comment
Sehr schön geschrieben! Meine Tochter ist noch zu klein für Warum-Fragen, aber ich bisschen gespannt auf diese Zeit…