Schon in der Schwangerschaft hat mich diese Frage immer und immer wieder beschäftigt. Wie wird es mit dem Baby sein? Wie wird das große Mädchen auf diese Veränderung reagieren? Fühle ich für beide Kinder gleich? Oder geht das große Mädchen am Ende leer aus?
Mehr als sechs Jahre waren meine Tochter und ich ein eingespieltes Team. Sind durch gute und schwere Zeiten gegangen. Sind aneinander gewachsen und haben gelernt, was lieben heißt. Für mich hat sich das Lieben mit den Kindern verändert. Es ist inniger, bedingungsloser und viel intensiver. Es schmerzt mehr und ist meine Super-Droge, wann immer ich es brauche. Dann kam die zweite Schwangerschaft, die große Vorfreude auf das Baby und die Angst, dieses Gefühl zwischen mir und meiner Tochter zu verlieren. Heute bin ich schlauer, viel schlauer.
Liebe wächst an jedem Tag
Als mein Sohn zum ersten Mal auf meinem Bauch lag, waren die Gefühle unbeschreiblich. Sofort war ich wieder Mama. Mama von nicht mehr nur einem Kind. Und die Liebe war da. Und auch das Gefühl beide Kinder gleich lieben zu können. Mit jedem Tag wächst dieses Gefühl. Vielleicht liegt das an der unglaublichen Menge an Stillhormonen, an der geballten Kraft von Schlafmangel oder einfach daran, dass der Anblick von Geschwisterliebe mich in vielen Momenten zur heulenden Mutter macht. An jedem Morgen ist das erste Grinsen vom Baby für die große Schwester bestimmt, die sofort ans Bett vom kleinen Knirps kommt und ihn freudig begrüßt. Nach der Schule warten wir sehnlichst auf das Kalinchen und wehe denn, sie ist mal einen Nachmittag nicht bei uns. Dann sind wir nicht komplett und jemand fehlt.
Ob das große Mädchen leer ausgeht?
In den ersten Wochen war der Spagat zwischen den Kindern schwer. An vielen Abenden liefen die Tränen, denn das Baby verlangte nach Aufmerksamkeit. Meine große Tochter war plötzlich und sofort so weit weg. Unser enges Band war angeschnitten. Nach vielen Monaten, in denen wir alle zusammengewachsen sind und der kleine Bruder nicht mehr wegzudenken ist, ist es wieder fest. Vielleicht sogar fester, als früher. Die besonderen Momente sind weniger geworden, dafür für mich aber intensiver.
Lieben nach einer Wochenbettdepression
Der Start mit dem großen Mädchen damals war viel schwerer. Die Liebe war zwar da, aber nicht so bedingungslos, wie jetzt. Es hat gedauert, mir meine Grenzen gezeigt und mich am Ende belohnt. Die Liebe zum Baby ist von Anfang an sehr intensiv und manchmal fühlt es sich falsch an, dass es bei ihm viel reibungsloser ging. Was mir an schlechten Tagen bei diesem Gefühl hilft? Der Blick auf meine Tochter, auf unser Verhältnis und das enge Band. Vielleicht kam die Liebe zwischen uns in kleinen Häppchen und nicht sofort mit einem großen Peng.
Eins weiss ich aber ganz genau: Kinder verändern das Lieben, verstärken es und mit jedem Kind wächst die Liebe noch mehr.
frauraufuss
1 comment
Danke für diesen wunderschönen Text!
Herzlichst Simone (liebende und stolze Mama von drei süßen Mädchen)