Mein Handy klingelt. Gut ist nichts ungewöhnliches. Schon am Klingeln erkenne ich: das ist diese nervige WhatsApp Gruppe. Innerlich lache und breche ich zugleich. Hier tummeln sich viele Mütter, die ich in den letzten Jahren kennen gelernt habe. Leider sind vielen von denen, naja sagen wir mal anders. Hier wird sich über die neusten Highlight der Kinder ausgetauscht, Schwangerschaftstest werden geteilt und natürlich geht es um Erziehung. Wir haben unterschiedliche Auffassungen von Erziehung und dem Leben mit unserem Kind. Wir leben mit unserem Kind so, wie wir es für richtig halten. Dabei stehen wir auf einer Ebene. Nur weil meine Tochter erst 4 ist, ist sie nicht weniger wichtig. Ich nehme ihre Bedürfnisse ernst und frage sie sehr oft nach ihrer Meinung. Das fängt bei der Frage nach dem Shirt für die Kita an und hört bei der Frage nach einem Wunsch fürs Abendessen auf. Mein Bauch findet diese Mitbestimmung wichtig. Kinder können nur eine eigene Meinung entwickeln, wenn wir sie lassen.
Erziehung ist Bauchsache.
Natürlich bin ich nicht perfekt. Nicht als Mutter, nicht als Pädagogin, nicht als Ehefrau und nicht als Freundin. Vor meiner Mutterschaft war ich verunsichert. Wie erzieht man ein Kind? Welche Normen und Werte möchte ich meinem Kind vermitteln? Und was mache ich, wenn ich nicht weiter weiß? Auch heute gibt es Tage, da weiss ich nicht weiter. Ich bin ratlos, überfordert und stehe vor vielen Fragen. Wer mir diese beantworten soll? Puh, ich weiss es nicht. Mein Kopf schimpft dann ganz laut mit meinem Bauch. “Was hast du da wieder angestellt? Braucht das Kind nicht mehr Grenzen? Braucht es mehr Freiraum?”
Ich habe mittlerweile viele viele Ratgeber zum Thema Erziehung gelesen. Aus beruflicher Sicht lese ich sie, um mir verschiedene Aspekte und Herangehensweisen anzueignen. Als Mutter lese ich sie, um mein Bild von Erziehung weiter zu malen. Ich würde jedoch niemals nur auf eine bestimmt Richtung setzen. Erziehung ist Bauchsache. So wie wir instinktiv wissen, wie wir mit einem Kind umzugehen haben, wenn es auf die Welt kommt. So haben wir, meiner Meinung nach, eine bestimmte Art der Erziehung in uns. Diese ist geprägt durch unser eigenes Aufwachsen und natürlich durch gesellschaftliche Beeinflussung. Ich fand Kinder, die sich am Esstisch nicht benehmen können, schon immer ganz schlimm. Mein Horror war immer, dass das Kalinchen nicht still sitzen kann und man mit ihr niemals in ein Restaurant gehen kann. So habe ich alles daran gesetzt, dass sie weiss, wie man sich am Tisch zu benehmen hat.
Fehler gehören dazu
Fehler sind menschlich. Sie passieren gar täglich. Niemand von uns ist perfekt. Und daher gibt es auch nicht die “eine” perfekte Erziehungsmethode. Ihr glaubt gar nicht, wie oft ich hier abends sitze und mich frage: “Ey Märry, was war das denn bitte heute? Wie hast du denn mit deiner Tochter gesprochen?” Schon oft habe ich mit Eltern gesprochen, die nicht wussten, wie sie mit ihrem Kind umgehen sollen. Sie hätten schon diese und jene Methode probiert aber nichts würde klappen. Was der Pädagoge in mir dann rät? Hör auf deinen Bauch. Dein Kind braucht einen abgesteckten Rahmen indem es sich austesten muss. Wenn dein Bauch sagt, dass das Springen von Klettergerüsten nicht ok ist, dann ist das eben so. Und wenn eine andere Mutter findet, dass ihr Kind das darf, dann ist auch das ok. Wir Eltern geben die Spielregeln vor. So erkläre ich das auch dem Kalinchen. “Weißt du, deine Regeln die machen wir. Und die Regeln von deinen Freunden, die machen die Eltern deiner Freunde. Die Regeln in der Kita sind für alle gleich. Dass das manchmal unfair ist, das weiss ich. Aber so ist eben das Leben.”
Um auf die WhatsApp Gruppe zurückzukommen. Hier wird sich ständig über die neusten Methoden ausgetauscht. Ganz heiß begehrt ist dabei immer das Thema “Schlafen”. Ich wundere mich tatsächlich nicht, warum die Kids so schlecht schlafen. Wenn meine Mutter jeden Tag eine neue Methode ausprobieren würde, dann wüsste ich auch nicht, was ich jetzt machen soll. Und mal unter uns: Würde es ein Patentrezept für durschlafende Kinder geben, so wäre der Erfinder wohl der reichste Mensch auf der Welt…
Vertraut auf euren Bauch. Gesteht euch Fehler ein und vertraut auf euer Kind!
6 comments
Guter Artikel! Und falls du mal mehrere Kinder haben wirst, so wirst du feststellen, dass jedes Kind anders ist und sich deshalb das eigene (erzieherische) Verhalten gegenüber jedem Kind etwas anders ist. Dann ist es für das eine Kind ok vom Klettergerüst zusprechen und beim anderen eher nicht. Warum? Weil vielleicht das eine seine eigenen Grenzen besser einschätzen kann als andere.
Da hast Du völlig recht! Ohne meinen Bauch ginge hier gar nichts. Die Kunst finde ich aber auch, den anderen Eltern nicht den eigenen Bauch aufzuzwängen. Das fällt vielen Eltern schwer und das ist mit am Anstrengendsten, denn grundsätzlich möchte ja jede(r) das Beste für seine Kinder.
Du sprichst mal wieder genau das an, wie wir es auch empfinden. Aber nicht nur die eigene Meinung muss das Kind lernen, sondern das eigenverantwortliche handeln. Also schon so banale Dinge wie sich selbst einen Lappen zu holen, wenn das Kind einen Becher umgekippt hat.
Nach meiner Meinung hast du mal wieder so recht :) einen ähnlichen Artikel hatte ich auch schonmal geschrieben https://familiert.de/kindererziehung-aus-dem-bauch/
Der Bauch kann aber auch grundlegend falsch liegen und genau dann wenn man als Kind eine “falsche” Erziehung genossen hat. Der Bauch fällt dann immer wieder in alte Verhaltensmuster.
Bei mir ist es genau umgekehrt. Ich meckere und schimpfe oft zu schnell aus dem Bauch raus und im Nachhinein weiß ich, dass das nicht nötig ist und mein Kind eine nette Mama braucht, die sich so verhält, wie sie es vom Kind erwartet. Ich bin oft ein schlechtes Vorbild.
Daher ist nicht jedem der Bauch zu empfehlen.
Ich finde auch, dass man oft auf seinen eigenen Bauch hören sollte. Grade als Mutter weiß man doch auch ziemlich schnell wie die eigenen Kinder ticken und welche Grenzen Sie brauchen..Auch wenn andere Eltern in einigen Situationen andern handeln würden.
So ist jedes Kind anders und auch alle Eltern sind anders und das macht es doch auch aus.
Ich finde zwar auch das die Kinder hin und wieder mal strenger die Grenzen gezeigt bekommen müssen, aber auch das sollte nicht die Regel sein.
Lieben Gruß Lena
Danke für deinen Kommentar!