Immer wieder versuche ich das Großwerden des blonden Mädchens mit meiner Kindheit zu vergleichen. Ich frage mich, ob meine Mutter sich so unglaublich viele Gedanken über Erziehung, Kindheit und die richtigen Methoden gemacht hat. Ist Erziehung heute mehr und mehr ein Thema in unserer Gesellschaft? Warum gibt es unzählige Ratgeber und warum hat jede Mutter 2733 Ratschläge für all die Probleme, mit denen Eltern jeden Tag kämpfen? Erziehung heute – Alles anders und viel besser?
Eine meiner Freundinnen ist gerade schwanger, in ihr wächst ein kleines Wunder heran und sie freut sich auf einen neuen Lebensabschnitt. Worauf sie sich nicht freut, sind Ratschläge, Vorgaben und Listen mit Dingen, die andere Menschen ihr schicken. Ratschläge, die ungefragt als die beste Methode gegeben werden. Erziehung fängt immer bei null an, denn zum ersten Mal Eltern werden, kann man nur einmal im Leben. Ab diesem Zeitpunkt muss man seine eigenen Entscheidungen treffen und wohlmöglich auch mal Fehler machen. Und obwohl wir alle bei null anfangen, haben wir Meinungen, Ideen und Erfahrungen gemacht. Aber wer sagt denn, dass unsere Erfahrungen auch die, der anderen sind?
Erziehung heute – Nie war es so anstrengend
Wenn ich die Kindheit meiner Tochter mit meiner eigenen Kindheit vergleiche fallen mir viele Unterschiede auf. Anders als in unserem Alltag hat mein „Kindheits-Alltag“ ohne meine Mutter draußen stattgefunden. Bei Wind und Wetter sind wir mit unseren Rädern, Kettcars, Rollern und Inline Skates in unserer Siedlung unterwegs gewesen. Die großen Kinder haben auf die kleinen Kinder aufgepasst und ohne stundenlanges Absprachen waren wir jeden Nachmittag verabredet. Heute braucht es Ewigkeiten bis „Play-Dates“ ausgemacht sind, das Kind muss quer durch die Stadt gefahren werden und alles wirkt viel komplizierter. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass wir in einer Stadt wohnen und ich auf dem Land aufgewachsen bin.
Das Abendessen nahmen wir gemeinsam ein und jeder musste so lange sitzen bleiben, bis alle anderen auch fertig waren. In vielen Familien beobachte ist, dass die Kinder aufstehen dürfen, sobald sie fertig sind. Ruhe und gemeinsames Einnehmen der Mahlzeiten hat in vielen Familien keinen Stellenwert mehr. Mir ist das gemeinsame Mahl ziemlich wichtig, daher versuchen wir mindestens eine Mahlzeit gemeinsam einzunehmen.
Erziehung ist anstrengend. Wir alle wollen, dass unsere Kinder zu guten Menschen heranwachsen, die selbständig und mit einem guten Blick auf das Leben groß werden. Das Interesse unserer Kinder steht zu jedem Zeitpunkt in Mittelpunkt und ständig versuchen wir uns zu optimieren. Die Blicke von außen sind uns wichtig und sobald etwas nicht rund läuft, bedienen wir uns an den zahlreichen Ratgebern, die für jeden etwas dabeihaben. Was ich dabei vermisse? Das Vertrauen in das eigene Bauchgefühl und den einzigartigen Blick auf unser Kind.
Mach es auf deine Art!
Ja, wir Eltern machen unsere Erfahrungen, haben für Probleme Lösungen und versuchen diese auf andere zu übertragen. Ich mache mich davon nicht frei, was ich aber gelernt habe, ist das Vertrauen in die eigene Intuition. „Mach es auf deine Art, denn das wird die Richtige für dein Kind sein.“ Egal ob es um das Schlafverhalten, die Entscheidung ob Flasche oder Stillen oder den Anfang der Fremdbetreuung geht, nur wenn wir auf unser Bauchgefühl hören und uns nicht verunsichern lassen, treffen wir die richtige Entscheidung.
Im Vergleich zu früher sind wir viel empfindlicher geworden, machen uns Gedanken, was andere Eltern von uns denken und wie unser Kind auf andere wirkt. Ich will mich davon nicht freimachen. Aber gerade das letzte Jahr hat mir gezeigt, dass mein Kind nicht mit anderen verglichen werden kann und besondere Bedürfnisse hat. Bedürfnisse, die ich spüre und auf die ich reagieren muss. Die wachsende Verunsicherung von Eltern muss sich nicht noch mehr zuspitzen. Ich glaube fest daran, dass es helfen würde, wenn wir anderen Eltern Mut zusprechen würden und sie in ihrer Aufgabe bestärken würden.
Liebe Carolin,
ich danke dir für dein offenes Ohr und das Öffnen meiner Gedanken!
Beobachtet ihr diesen Wechsel in der Erziehung oder denkt ihr, dass meine Gedanken vollkommener Quatsch sind?
frauraufuss
1 comment
Hi, ich denke schon, dass etwas dran ist, wenn auch nicht in dem Maße. Ich bin zum Beispiel Stadtkind, da gabs auch kein draussen zusammen rumhängen (von meinem Exfreund aus der Strasse kenne ich das aber schon, da standen alles Reihenhäuschen, er hat immer seine Freunde auf der Strasse getroffen, selbe Stadt wie ich, er Stadtrand, ich Innenstadt), da wurde auch alles telefonisch abgesprochen. Der Bewegungsraum meines Großen ist ziemlich wie meiner, ich hab in dem Alter auch noch keinen ÖPNV benutzt, anders als er. Familienmahlzeiten gibts bei uns und alle bleiben sitzen, bis alle die erste Portion aufgegessen haben, aber das kenne ich nur so, auch von Freunden. Oder man macht mal eine Ausnahme. Meine Eltern waren auch sehr informiert für ihre Zeit, zum Beispiel hatte ich einen Kindersitz und durfte anders als meine Freundinnen nicht unangeschnallt fahren (ich erinnere mich, wie peinlich es mir auf einem Kindergeburtstag war, dass meine Eltern, da es einen Ausflug gab, meinen Kindersitz gebracht haben und ich im Sitz fahren musste, alle anderen turnten durchs Auto). Da meine Eltern eher untypisch waren, haben sie, besonders meine Mutter, sich auch sehr viele Gedanken gemacht.
Eigentlich wär das ein tolles Thema für eine Blogparade!
liebe Grüße