Seitdem das Wetter mitspielt, sitzen das Kalinchen und ich, nach Kita und Uni, des öfteren auf dem Spielplatz. Bis dato waren mir diese Spielplatz Situationen einfach zu blöd. Ich hatte keine Lust auf gut gemeinte Ratschläge von Super-Mamas, keine Lust auf komische Blicke ( das mit dem “du sieht gar nicht aus wie eine Mama” hatten wir ja schon…) und wenig Interesse an mit sand-schmeißenden Kindern. Das mit den Ratschlägen ist aber einer der Hauptgründe warum ich diese Situationen oft gemieden habe. Mittlerweile ist das Kalinchen so groß, dass ich am Rand sitze und alles beobachte. Sie möchte größtenteils alleine spielen, kommt aber natürlich zu mir wenn sie Hilfe braucht. Ich bin ein echter Sandkuchen-Experte und darf immer Puderzucker auf den Kuchen streuen.
Es ist nicht die einzige Situation, in denen mir auffällt, dass man von allen Seiten Ratschläge bekommt. Oft vermischen sich die Ratschläge mit Vergleichen aus der eigenen Situation. Ihr kennt das doch bestimmt: ihr steht an der Kasse, hinter euch eine ältere Dame. Das Kind weint und sie wirft euch 100 Ideen an den Kopf, wie das Kind natürlich sofort aufhört zu weinen.
Wann hast das angefangen, dass man sich in jeder Lebenssituation mit anderen vergleichen muss? Warum muss man sich in jeder Lebenssituation vergleichen?
Im Pekip-Kurs wurden die Kinder ständig miteinander verglichen. Guck mal hier, meine Tochter kann dies und mein Sohn das. Wie das Kalinchen kann dieses und jenes noch nicht. Wie du stillst nicht? Ich fand mich im ersten Jahr als Mutter, für die Anstrengungen und neuen Erfahrungen, echt cool. Ehrlich. Ich war relativ entspannt, mein Kind durfte dreckige Shirts tragen, Barfuss durchs Leben watscheln und wurde in nichts reingedrängt.
Ich möchte dieses vergleichen aus meinem Leben ausblenden. Kurz vor dem letzten Kita-Gespräch hatte ich Angst, dass sich die Entwicklung vom Kalinchen nicht nach den geforderten Schemata einordnen lässt. Am Abend vorher saß ich im meinem Bett. Und da kam der einzig richtige Gedanke: “Märry du spinnst. Dein Kind ist ein Individuum, sie ist ein perfektes Mädchen. Sie spricht super, entwickelt sich prima und ist ihren Altersgenossen in allen Bereichen gleichauf. Du musst dir keine Gedanken machen. Du darfst sie nicht vergleichen.”
Natürlich werden unsere Kinder in allen Bereichen der Gesellschaft miteinander verglichen. In der Kita, in der Schule und auch später an der Uni. Ich find das traurig. Dabei geht so viel Individualität verloren.
Was sagt es denn über ein Kind aus, wenn es mit neun Monaten oder eben erst mit 14 Monaten läuft? Es läuft später. Ja und? Ist es deswegen ein schlechter Mensch? Ich denke nicht.
Macht euch nicht verrückt. Schaut euer Kind an. Und? Ist es nicht wundervoll? Ist es nicht wundervoll, wie schnell es Dinge lernt und begreift? Ist es nicht wundervoll, wie es Neues aufsaugt und euch mit Fragen löchert? Ist es nicht wundervoll, dass es aufeinmal selbstständig wird und Dinge übernimmt? Ist es nicht wundervoll, euer Kind? Sind da Vergleiche mit anderen Kindern nicht total egal? Dann kann der Horst-Jeremy aus der lila-grünen Gruppe eben schneller laufen, Rad fahren, Purzelbäume schlagen oder eine Schleife binden. Jedes Kind hat ein anderes Tempo, sein individuelles Tempo.
Für mich beantworten sich die Fragen gerade aus einem Höhenflug. Meine Tochter fährt seit ein paar Tagen Fahrrad. Heute sind wir das erste Mal mit dem Rad zur Eisdiele gefahren. Ihr könnt euch vorstellen wie ich fast vor Stolz geplatzt bin. Das ist wieder ein Meilenstein in ihrer Entwicklung. Und ganz ehrlich? Gerade ist mir blende ich einfach aus, dass es bestimmt Kinder gibt, die schon früher Rad fahren konnten. So ist eben jedes Kind unterschiedlich.
Ich möchte euch noch schnell ein negatives Beispiel geben. Wir hatten vor einiger Zeit eine Kita-Mutter deren Kind sehr spät laufen gelernt hat. Von allen Seiten wurde sie verrückt gemacht. Die Erzieherin war der Meinung, dass da unbedingt ein Arzt drauf gucken müsse. Andere Eltern schenkten ihr mitleidige Blicke. Schließlich wurde der Familie eine psychische Unterstützung nahe gelegt. Den Eltern wurde die Schuld gegeben. Sie würden ihn zu viel tragen, zu schnell hochnehmen und zu sehr verwöhnen. Immer wenn ich sie traf, versuchte ich ihr zu zeigen, dass das einfach so ist. Dass es nicht schlimm ist, wenn er noch nicht laufen könnte. Soll ich euch was sagen? In der Zwischenzeit legte der kleine Mann einen riesigen Entwicklungssprung hin. Er konnte auf einmal viel besser sprechen als seine Altersgenossen. Und von jetzt auf gleich fing er dann an zu laufen. Ohne Arzt, Psychologe oder sonst eine Unterstützung. Jedes Kind hat sein eigenes Tempo.
Wie seht ihr das mit dem Vergleichen? Findet ihr das gut oder sollte man sich lieber auf sein eigenes Kind konzentrieren?
frauraufuss
16 comments
Guten Tag….
Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen sind die notwendigen Begleiter durch solche Situationen, egal ob Einkaufsschlange, Spielplatz, Pekip-Kurs und viele mehr. Das bedarf einiger Übung, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das zum Ziel führt.
Man sollte sich Standardsätze erarbeiten, die man dann abrufen kann und keine weitere lange Auseinandersetzung zur Folge hat. Da ist sicherlich jeder ein anderer Typ… ich benutzte gerne die etwas härtere Variante, besonders in der Einkaufsschlange.
Es gibt ähnliche Situationen, wenn ich mit meinem Hund unterwegs bin… da werde ich auch gleich mit einem DU begrüßt, werde vereinnahmt und bin automatisch Mitglied der großen Hundebesitzergemeinschaft. Nähe ist da angesagt und kein respektvoller Abstand. :)
Bei Pekip- oder Schwimmkursen, Musikschule oder Sprachunterricht im Kindergarten, Schule und viele andere mehr, zeigt sich das Phänomen ‘Kindervergleich’ in besonderem Ausmaß. Es ist eine Mischung aus eigenem Stolz und Freude über die Fortschritte oder das Können des eigenen Kindes, um dann von einer anderen Mutter oder Vater darauf hingewiesen zu werden, dass das andere Kind doch schon viel weiter ist.
Ich bin alledem dank Montessori und Kloeters, nachdem mich die Zeitschrift ‘Eltern’ ziemlich genervt hat und ich mich diesem Einfluss entziehen musste. Obwohl es ja eigentlich schon nach der Geburt losgeht mit der Einsortierung des Kindes und setzt sich weiter fort, wobei es da mehr der körperlichen Entwicklung des Kindes dienlich ist, aber auch da ist Gelassenheit angesagt. Die geweckten Ängste besonders bei Müttern sollten irgendwo aufgefangen werden…
ein großes Thema.
Meine Kinder sind mittlerweile 42, 30 und 28 … ich Jahrgang 1950 und das Thema ist immer noch aktuell und wird es wahrscheinlich immer sein.
Liebe Grüße aus Berlin
ingrid
Mein Sohn kam 3 Monate zu früh zur Welt und ich vergleiche manchmal viel zu viel, aber das passiert mir einfach unbewusst. Und ich bin dann endlos traurig, weil Kinder, die ein halbes Jahr nach ihm geboren sind, ihn mittlerweile überholt haben. Das macht mich traurig.
Dann schau ich ihn an, wie er sich gegen alle Prognosen gestellt hat und sich supergigantisschnell ins Leben kämpft… Und dann platz ich vor Stolz.
Schwierig wirds eben nur, wenn unter Müttern ständig diskutiert wird, welches Kind was seit wann kann… Ist doch schnurzpiepegal.
Genauso diese Gespräche und Diskussionen meinte ich ;) Natürlich ist das egal. Aber anscheinenden muss man sein Kind überall präsentieren…Doof ist das !
Oh ja, das kenne ich nur zu gut. Meine Tochter war immer ein Kind wie aus dem Lehrbuch. Mein Sohn hinkte in allen motorischen fingen hinterher… Gerade durch die Mama-Gruppen im Internet vergleicht man noch viel mehr, wenn alle Gleichaltrigen schon robben\krabbeln\laufen können außer dem eigenen Kind.
Dafür konnte er früh sprechen und das fast perfekt….
Als wir im Nachhinein dann doch mal in Behandlung waren (Kiss-Syndrom, es hatte also doch eine Ursache) hieß es, das Kind merkt unbewusst, dass es motorisch nicht mithalten kann, also verfolgt es das nicht besonders ehrgeizig. Dafür hat er die Hauptanstrengung auf die Sprache gelegt und das besonders gut ausgebildet.
Aber durch die Vergleiche sieht man erstmal nur das, was nicht so gut läuft. Ich habe viele Tränen vergossen, ohne zu sehen, dass er sprachlich dafür viel weiter war, als die anderen.
Nicht weinen. Erfreu dich daran, dass deine Kinder können. Vertrau auf deine innere Stimme! Du machst das toll!
Du hast wundervolle Worte dafür gefunden, was mir jeden Tag durch den Kopf geht. Lasst unsere Kinder einfach Kinder sein. Jedes in seinem Tempo. Jedes wird seinen Weg gehen. Junior z.b. begann mit 18 Monaten zu laufen. Keinen Tag eher, hat er Interesse daran gezeigt. Und dann? dann ist er aufgestanden und losgelaufen. Auf Schnee und Glatteis. So viele Fragen davor, so viele Blicke und Aussagen, da solltest du aber einmal schauen lassen.
Ich glaube es liegt einfach an uns. Wir brauchen das Vertrauen in unsere Kinder und in die Natur.
Wir müssen an Sie glauben. Dann können Sie alles schaffen – ganz egal, was andere tun.
Mein Sohn ist erst mit 17 Monaten gelaufen und erstaunlicherweise war mir das immer piepegal, obwohl er mein erstes Kind war. Kommentare und Nachfragen, ob ich denn schon deswegen mit ihm beim Arzt war, habe ich immer weggewischt und gesagt “Quatsch – er wird’s lernen”. Und natürlich hat er es gelernt. Hat er jetzt heute einen Nachteil, weil er vergleichsweise spät laufen gelernt hat? Äääh, nein. Er läuft, wie ein 7-jähriger läuft. Es gibt Kinder, die sind ihm motorisch überlegen (seine kleine Schwester gehört dazu) und welche, die sind ihm unterlegen. So ist das halt.
Ich fand es echt nervig, immer das Gefühl zu haben, mich schützend vor mein Kind stellen zu müssen. Seine Individualität verteidigen und Leute in ihre Schranken weisen zu müssen. Echt traurig sowas… Es gibt diesen schönen Spruch: Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. Der trifft es genau!
Genauso ist das!
Märry, du sprichst mir sowas von aus der Seele. Danke. Danke für deine tolle, normale Art. Das hört sich komisch an,aber ich denke du weißt was und vor allem wie ich es meine. Mein Großer lief erst mit 23 Monaten, ich wurde gefragt ob er behindert sei, oder warum ich ihn so betüddeln würde… und noch einiges mehr.. er ist nun 6 und fährt noch kein Fahrrad, wieder muss ich mir Dinge anhören, die mich einfach nur wütend machen… zum Glück haben wir ein total tiefen entspannten Kinderarzt der mich jedesmal wieder aufs Neue bestärkt so weiter zu machen, wie bisher. Denn “jedes Kind ist anders und hat sein eigenes Tempo!” .
Liebe Grüße,
Sandy
Ach meine Liebe, danke für deine Worte! Hör auf dein Herz, deinen Bauch und deine innere Stimme. Lass dich nicht verunsichern! DU machst das toll!
Ich kenne das Vergleichen gut. Mit dem “Großen” fing es an. Das fand ich nicht so schlimm, da er sich “fristgerecht” entwickelt. Bei meinem zweiten Sohn (mittlerweile 2,3Jahre) versucht mir ständig alle möglichen Leute Tipps zu geben. Er ist etwas langsamer, lief mit 19 Monate, redet wenig und nur in Einwortsätzen, weint viel, will oft Getragen werden. Ich finde es nicht so schlimm. Letztens riet mir die Kita Leiterin dass ich ihm doch mal Blut abnehmen lassen soll, vielleicht hat er ja Eisenmangel o.ä. und meine Schwiegereltern drängen mich auch dazu. Langsam nervt es, ich hätte einfach noch gewartet und bin froh über dass was er schon kann.
Lass dich nicht verunsichern! Du bist seine Mama und kennst ihn am Besten! Hör auf deinen Bauch und dein Herz!
Ich habe eine wunderbare Freundin und deren Sohn und meiner sind bis auf wenige Tage gleich alt.
Ja, wir “vergleichen” die beiden – aber irgendwie ist das so unkompliziert und wunderbar mit ihr. Denn dadurch fallen uns plötzlich noch mehr Dinge auf, die unsere Zwerge schon können.
Und weil das nur mit dieser einen Freundin so positiv funktioniert, genieße ich das besonders.
Natürlich kenn ich auch die negativen Vergleiche. Doch die hab ich gelernt, auszublenden.
Meine Kinder sind perfekt so wie sie sind!
Positive Vergleiche finde ich sich gut! Solange sich beide wohl fühlen ist das eine gute Sache!
Die Mutter, die mir sagte, dass ich mal zum Arzt sollte mit meinem 16 Monate altem Kind (Frühchen), das keine Anstalten machte zu laufen, war auch erstaunt, dass mein Kind am 2. Geburtstag 11-Wort-Sätze sprach und ihrer am 3. Geburtstag noch an 2-Wort-Sätzen hing.
Es ist so richtig, was du schreibst: Guckt euer Kind an – es ist wundervoll. Und zwar so wie es ist.
Ich denke das jeden Tag. Das Kalinchen fängt an zu lesen und hat so Spass an Buchstaben und dabei ist sie noch nicht mal 5. Dann ist das eben so!