“Mama, wenn deine Mama meine Oma ist, dann muss die doch auch eine Mama haben. Und der Opa muss doch auch eine Mama haben…” Donnerstagmorgen. Meine Augen würden sich gerne wieder schließen und mein Körper wünscht sich in das warme kuschelige Bett zurück. Während wir in die Kita fahren, denke ich tatsächlich an meine Oma.
“Weißt du Spätzchen, dass ist ein bisschen schwierig. Ja der Opa und die Oma haben und hatten auch eine Mama. Und auch einen Papa. Du weißt doch wer Opa Willi ist?”
“Klar Mama! Der ist ein Engel im Himmel. Der passt ja auf mich auf, wenn du nicht da bist.”
Da ist er, der Kloß im Hals. Wie soll das kleine blonde Mädchen auch wissen, dass Gespräche über meine Großeltern gerade aufwühlend sind…Schon oft haben wir über meinen Opa gesprochen. Haben Fotos geschaut und uns überlegt, wie es wohl da oben ist. Ob die Wolke auch so kuschelig ist, wie wir es uns vorstellen und ob Opa traurig ist. Ob er uns vermisst oder ob er sich freut, wenn es uns gut geht. Ob er wirklich auf uns aufpasst und wie das Kalinchen ihn gerne kennen gelernt hätte. Wir haben über Friedhöfe gesprochen. Darüber, dass die Erde doch kalt und dreckig ist, dass man dort alleine in einer Kiste liegt und darüber, dass es traurig und schlimm ist, wenn man jemanden verliert.
“Genau! Und dann hab ich noch eine Oma und einen Opa. Wir haben die mal besucht, das ist aber schon etwas her. Die haben auch einen Hund. Den fandest du ganz toll.”
“Aber Mama, du hast auch eine Oma ? So wie ich? Aber warum schläfst du dann nie bei der oder besuchst die nie?” Da ist der Moment. Ich wusste, dass er kommen wird. Dass sie fragen wird, warum ihr Opa nur mein Stiefpapa ist und wo denn alle anderen stecken. Ich war nur einfach nicht drauf eingestellt. Und durch einen Zufall sprachen HerrRaufuss und ich am Abend vorher genau über meine Großeltern. Darüber, dass ich sie vermisse und so gerne Kontakt zu ihnen hätte. Darüber, dass sie die Kindheit ihrer Ur-Enkelin verpassen und auch meinen Weg nicht aktiv mitverfolgen. Es tut weh.
“Ach Berti. Früher da war ich ganz oft bei der Oma. Ich hatte da sogar ein eigenes Zimmer. Von ihr habe ich das Kochen und Backen gelernt. Aber dann gab es einen Streit und seitdem möchten die nicht mehr mit mir reden. Ich finde das auch ganz schade, es gehört aber zum Leben dazu. Du hast ja auch nicht immer gute Laune. Und so war das bei denen auch, die hatten ganz schlechte Laune und waren dann böse.”
“Mhmm. Mama, wenn wir zu Hause sind, zeigst du mir dann Fotos von denen? Und eins sage ich dir, wenn ich mal groß bin, dann bin ich nicht böse zu dir. Streit find ich nämlich ganz blöde.” Dann steigt sie aus, und gibt mir heute 2 Küsse auf die Stirn. Ach du, mein großes blondes tolles Mädchen.
Früher da habe ich mir oft vorgestellt, wie es ist wenn ich einmal selbst Mutter bin. Wie meine Oma meine Kinder hütet und ihnen das Kochen und Backen zeigt. Wie mein Opa seinen Mittagsschlaf mit meinen Kindern macht. Wie wir gemeinsam mit dem Rad Eis essen fahren würden und wie meine Kinder auf der Arbeitsplatte sitzen würden und einfach nur Kinder sein würden. Und jetzt? Jetzt bin ich Mama. Meine Oma hat das Kalinchen wenige Male gesehen. Emotional ist dieses Kind für sie nicht existent. Mein Opa hat nie akzeptiert, dass ich meinen Weg so gehe, wie ich es für richtig halte. Und dann ist da eben dieses dicke Band zwischen Eltern und Kindern. Und aus dem Grund werden sie meinem Vater immer näher sein. Es tut weh.
FrauRaufuss
4 comments
Deine Maus ist toll. So wundervoll und mit was für einer Leichtigkeit die Kinder doch mit solchen Themen umgehen, oder?
Wenn nur wir das auch könnten…
Fühl dich gedrückt Zuckerschnute.
Ich wünschte mir manchmal, ich hätte ihr Gefühl für Probleme…
Und was für eine schöne, faire Antwort, die ganz ohne Bitterkeit auskommt.
Alles andere wäre auch falsch. Warum Gleiches mit Gleichem tun?