Vor wenigen Tagen traf ich eine alte und gute Freundin aus ABI-Zeiten. Damals waren wir unzertrennlich. Wir teilten unseren Liebeskummer, bequatschten den Schulwahnsinn und unser Hauptthema war das männliche Geschlecht. Nach dem Abitur verloren wir uns langsam aus den Augen. Ich arbeitete zwischen Abi und Studium auf einem Spargelhof und war viel unterwegs. Kurz nach der Saison ging mein Studium los und ich war nur noch in Münster. Sie zog zum Studium in die entgegengesetzte Richtung. Vom Kalinchen erfuhr sie als eine der ersten und wir freuten uns gemeinsam auf das Baby. Dann kam das Studium, die Klausurphasen, der Umzug und ich wurde Mama. Wie das eben so ist. Wir telefonierten nicht mehr täglich, dann nicht mehr regelmäßig und verloren uns.
Irgendwann traf ich ihren Freund an der Kasse bei Rewe. Er war gerade nach Münster gezogen und wir beschlossen, dass wir uns dringend treffen sollte. Tja, ich muss nicht sagen, dass aus dem Treffen erstmal nichts wurde. Und dann schrieb sie mir, dass sie gerade nach Münster gezogen sei und fragte, wann ich Zeit für ein Treffen hätte. So schnell war ich lange nicht aus der Uni raus. Zwei Stunden später saßen wir uns bei einem Kaffee gegenüber und es war so, als ob wir uns erst letzte Woche gesehen hätten.
“Du bist ja immer noch so, wie damals!”
Ich fasse das jetzt mal als Kompliment auf. Habe ich mich wirklich kaum verändert? Oder nehme ich die Veränderungen anders wahr als Außenstehende? Verändert man sich als Mutter oder eben doch nicht? Warum schaffen einige Freundschaften dieses Elternding und andere nicht? Hat mich meine Mutterschaft verändert?
Seit unserem Treffen wird mir diese Nicht-Veränderung erst bewusst. Ich habe bis jetzt immer gedacht: “Jetzt wo du Mama bist, bist du ein anderer Mensch. Du bist erwachsener, vernünftiger, verantwortungsvoller und führst ein neues Leben.” Stimmt das denn? Bin ich als Mutter automatisch anders? Natürlich verschieben sich die Prioritäten. Die Partys am Mittwoch sind für mich eben nicht mehr ausschlaggebend für eine gute Woche. Ich freue mich über ein durchschlafendes Kind, eine saubere Wohnung und Zeit für mein Studium. Ich habe mich schon oft gefragt, ob ich als Mutter schneller erwachsen geworden bin. Das Gleiche habe ich mich aber auch vor einem Jahr, nach Abschluss meines Bachelorstudiums gefragt. Bin ich jetzt endlich Erwachsen? Macht mich meine Mutterschaft erwachsener?
Ich bin immer noch so durchgeknallt wie früher. Ich habe mein Herz auf der Zunge und versuche nun diese Eigenschaft an meine Tochter weiterzugeben. Ich bin verantwortungsbewusst, das war ich aber früher auch schon. Ich habe relativ wenig Mist gebaut. Im Vergleich zu anderen waren das sogar Lappalien. Ich hatte immer Angst vor Drogen und wilden Partys, diese habe ich dann einfach gemieden. Schon mit 18 war mir klar, dass ich früh Mama werden wollte und das Kinder wohl immer ein Teil meines Lebens sein würden. Damals arbeitete ich in einem Jugendzentrum und war mit verschiedenen Altersgruppen in Kontakt.
Ein Punkt allerdings ist mir in den letzten Wochen sehr deutlich geworden. Ich treffe meine Entscheidungen nicht mehr ganz so schnell wie früher. Ich denke mehr nach. Diskutiere das für und wieder, fertige Pro und Contra Listen an und beziehe mögliche Entscheidungen auf das Kalinchen und neuerdings auch auf HerrnRaufuss.
Wie ist das denn jetzt?
Ist dieses Elternsein daran beteiligt? Verändert man sich automatisch?
Ich glaube, dass es Freundschaften gibt, die sind für das Elternsein geschaffen. Wenn ich da an Tante Lea denke, die immerhin schon seit über 13 Jahren eine meiner engsten Freundinnen ist, dann ist das Kalinchen eine Bereicherung für uns beide. Andere Freundschaften hingegen, sind mit dieser Veränderung überfordert, waren neidisch oder kommen aus anderen Gründen nicht damit klar. Einige “Freundschaften” fanden meine Schwangerschaft peinlich, verfrüht, unpassend und sagten mir komplette Überforderung voraus. Viele dieser Menschen sehen das heute anders. Und spätestens seit eben diese Menschen auch Eltern geworden sind oder werden, hat sich ihre Ansicht verändert.
Für mich gibts nur eine Antwort: “Ich bin anders, aber immer noch ich.”
Mein Grundcharakter wird immer derselbe sein. Und nach wie vor glaube ich, dass das Kalinchen und meine Mutterschaft meinen Weg positiv geprägt haben. Ich glaube sonst würde ich viele Dinge anders sehen. Und ich hätte auch viele Dinge anders gemacht. Ich wollte zum Beispiel immer Jura studieren, Pädagogik kam für mich nie in Frage. Und heute bin ich froh, dieses Studium gewählt zu haben. Ich habe meinen Traumberuf gefunden und kann das machen, was ich gerne tue.
Natürlich hat mich meine Mutterschaft verändert. Sie hat Prioritäten verschoben und gibt mir einen anderen Grund morgens aufzustehen. Sie hat mich geformt, mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin und macht mich glücklich. Mir war mein eigenes Ich, und das ist es bis heute, immer sehr wichtig. Darum mache ich weiterhin Dinge, die mir Spass machen. Ich gehe tanzen, trinke mal einen Cocktail, treffe Freunde, liege auch mal nur rum und bin trotzdem Mama.
Das Leben geht weiter. Nur ist der Weg schöner, heller und fühlt sich wärmer an. Ich bin einfach gerne Mama und ich bin einfach gerne Ich.
Wie ist das bei euch? Hattet ihr das Gefühl, dass ihr euch verändert habt?
FrauRaufuss
PS: Das Foto hat besagte Person gemacht und stammt aus der Mittwoche im Abi…
1 comment
Irgendwie hatte ich immer erwartet, dass alle meinen, dass ich so anders geworden bin. Aber bin ich nunmal nicht. Klar verschieben sich Prioritäten und Werte. Aber das passiert auch so auf dem Weg ins Leben. Wenn ich mir ehemalige Freunde anschaue, dann bin ich ganz froh darüber, wie ich mich verändert habe. Denn ein Kind zu haben bedeutet eben nicht nur mehr Verantwortung zu tragen, sondern auch andere Situationen gelassener zu nehmen. Man lernt vor allem sich durchzusetzen (bei so vielen Menschen, die es besser meinen) und vor allem lernen wir, was am Ende des Tages – am Ende der Woche wirklich wichtig ist.
Wenn ich ehemalige Freunde aus verschiedenen Zeiten wieder treffe, denke ich mir oft genug: “Mensch, was für banale Probleme, über die du dich da gerade beschwerst…” – andererseits werden die sich das auch oft genug fragen