„Mama, du bist meine verrückteste Lieblingsmama.“ Das Kalinchen steht im Flur, wir tanzen wie verrückt und ich muss laut über meine Tochter lachen. Ich bin verrückt, chaotisch und eben ein wenig anders. Ich bin eine Löwenmama, würde mein letztes Hemd für meine Tochter, meine Familie und meine Freunde geben. Der Mann sieht mich als Glucke, das bin ich wohl auch. Und doch merke ich eine Veränderung. Ich kann ein wenig entspannter und gelassener an meinen Alltag heran treten. Ich setze die Prioritäten wieder anders, genieße verrückte Abende mit tollen Frauen und mache Dinge, die nur für mich sind.
Die Krise hat mich kalt erwischt. Aus dem Hinterhalt, die Vorankündigung habe ich gekonnt ignoriert, hat sie mich überrannt und mir klar gemacht, dass es wieder mehr um mich gehen muss. Mein Alltag ist ein wenig anders strukturiert. Sobald ich merke, dass mein Kopf wieder anfängt durchzudrehen, handle ich sofort. Ich gehe laufen, tanze verrückt durchs Wohnzimmer oder ruhe mich aus. Ich lese unglaublich viel, einfach mal wieder zum Spass. Diese Suche hat das Ziel mich wieder zu finden. Mich als Mensch mit vielen Rollen. In meiner Rolle als Mutter, die verstehen muss, dass es niemals perfekt sein kann. Die verstehen muss, dass das Kind eigene Erfahrungen machen muss und die lernt, dass man sein Kind nicht vor allen Dingen schützen kann. In meiner Rolle als Ehefrau, die verstehen muss, dass der Mann ebenso seine Freiräume braucht. Die lernen muss, dass Familie ein Geben und Nehmen ist.
In meiner Rolle als Märry. Die lernen muss, nach hinten schauen zu können und dankbar für das ist, was sie hat. Denn wenn man mal ganz genau hinschaut: ich habe eine wundervolle und gesunde Tochter, habe einen tollen Mann, eine verrückte und tolle Horde Freunde, die mich tragen, reflektieren und genauso verrückt sind wie ich. Ich habe den tiefsten Punkt in meinem Leben mit erhobener Brust überwunden und bin daran so unglaublich gewachsen.
Diese Krise kam wohl genau zum richtigen Zeitpunkt. Ein Wendepunkt in meinem Leben. Und zum ersten Mal versuche ich gelassen zu bleiben. Niemand weiß, was morgen kommt. Den Plan in unserem Kopf versuchen wir jeden Tag umzusetzen. Wir versuchen uns in ein System einzugliedern und uns anzupassen. Mütter verlieren und verändern sich. All das, was uns vor den Kindern ausgemacht hat, wird zur Nebensache. Was mich vor dem Kalinchen ausgemacht hat? Ich war wohl genauso verrückt wie jetzt, habe auf jeder Hochzeit gespielt, war eine wandelnde verrückte Nudel und konnte nie genug Action erleben. Nach der Geburt war die einzige Priorität meine blonde verrückte Tochter und später das Studium.
Was die letzte Tage positiv war?
Am Freitag war der Wurm drin. Fast zwei Stunden habe ich tief traurig im Auto gesessen, geweint und mich gefragt, wie es weitergehen soll. Nach der Dusche, einer schnellen Krise mit dem Kleiderschrank und einem Make-up Massaker habe ich den schönsten Abend der letzten Wochen verbracht. Mit tollen Frauen, wichtigen Gesprächen und einem Lachen aus tiefstem Herzen. Bis morgens haben wir die Tanzflächen unsicher gemacht, wie wild getanzt und uns an Freundschaften erinnert. So glücklich war ich lange nicht. Unbeschwert und fernab von jeglichen Verpflichtungen. Danke Mädels, die Suppenmutti freut sich auf den nächsten Abend.
HerrRaufuss und ich schauen uns wieder schnulzig an. Denn wenn die Frau in der Krise steckt, leidet auch die Beziehung. Endlich schmachten wir uns wieder an, lachen miteinander und ich mache mich wieder zum Affen für ihn. (Dann tanze ich durch den Flur, halte bescheuerte Reden und bringe ihn zum Lachen…)
Tanja und ich telefonieren wieder stundenlang miteinander. Wir lachen, tauschen uns aus und vermissen uns schrecklich doll. Diese Krise bringt uns wieder näher zusammen.
Es sind kleine Schritte. Wie der Weg weitergeht? Ich weiss es nicht. Ich werde aber die Schritte nicht schneller gehen. Ich werde jeden Schritt genießen und das Positive aus ihm herausholen… Verrückt sein hilft!
FrauRaufuss
PS: Die Schuhe auf dem Foto sind von Bisgaard und von Tausendkind….
2 comments
liebe frau raufuss, schön etwas aus dem echten leben zu lesen. auch wenn es nicht immer rosig ist. es ist toll, dass du nix beschönigst und auch nicht jammerst, sondern “feststellst” was ist. dieses ziellose rumschweben und sich selbat verlierwn passiert sicher öfter, als manche es zugeben wollen. interessant ist ja, weshalb das passiert. weil man sich selbst zu sehr hinten anstellt? weil man vergisst auf sich selbst zu schauen und seine interessen nicht mehr verfolgt. passiert einem das auch, wenn man zb seinen beruf gerne macht? mich hat die sinnlosigkeit erwischt, als ich jahrelang unglücklich in einer lieb und sinnlosen arbeit mit mobbenden kollegen verbrauchte und dazu noch elend lange in die arbeit hin und retour fahren musste. ich verlor die freude am leben. Was macht noch spass? welche zeit habe ich für mich zur verfügung? wie kann ich etwas ändern? das schwere ist, dass man so kraft und saftlos wird, dass einem die energie für alles fehlt. ist das ein frauenphänomen? Was denkst du? So traurig, dass man soetwas überhaupt erleben muss. aber ich seh ja, bei dir gehts wieder bergauf. schön! Liebe grüsse sabine