90 Tage sind wir schon zu viert. Haben unsere Rollen gefunden, lernen auf die Bedürfnisse der neuen Situation einzugehen, haben die Wäsche endlich im Griff und können uns ein Leben ohne den kleinen Mann gar nicht mehr vorstellen. „Mama, ohne ihn war das wohl einfach nur blöd. Ich hab den einfach schrecklich gern!“ Ein größeres Kompliment von der großen Schwester wird es wohl nicht geben. Wie der letzte Monat so war? Chaotisch. Raufuss eben.
Ich glaube ich kann es laut rufen: „Wir sind angekommen.“ So richtig. Im Alltag ist das Baby gar nicht mehr wegzudenken und ich bin immer wieder erstaunt, was man so alles mit einer Hand machen kann. Gerade habe ich einen Kuchen gebacken, das weinende Baby beruhigt und der großen Tochter bei den letzten Matheaufgaben geholfen. Und es stresst mich nicht mehr jedes Mal. Es ist unser und gerade mein neuer Alltag. Natürlich gibt es Situationen, die mich an den Rande des Wahnsinns treiben, in denen ich gerne schreien und weinen möchte, aber im Großen und Ganzen sind die Wellen kleiner. Erst gerade hat sich das große Kind mit dem Messer beim Gurke schneiden in den Finger geschnitten, der kleine Mann hat seinen Zahnungstuhlgang am kompletten Körper verschmiert und überall tropfte Blut. Was ich dann mache? Tief atmen, Prioritäten setzen und mit einem nackten Baby durch die Wohnung rennen.
Wie war das Leben ohne Baby?
Jeden Morgen wenn ich mich umdrehe, grinst es rechts neben mir. Mit jedem Tag wird der kleine Knirps aufmerksamer, nimmt seine Umwelt war und wenn seine große Schwester in der Nähe ist, ist er immer ein bisschen aufgeregter und strampelt wild durch die Gegend. Die beiden sind schon jetzt ein zauberhaftes Team. So schwer wie die Entthronung für das große Kind war, so groß ist die Liebe zu ihrem kleinen Bruder und sie würde ihn noch nichtmal für neues Lego oder einen eigenen Fernseher eintauschen. Ich finde für die ersten 90 Tage ist das doch ein super Schnitt. Ob ich mich noch an ein Leben ohne Baby erinnern kann? Es war auf jeden Fall ruhiger. Denn gerade am Morgen und am Abend ist es hier ganz schön sportlich und ich fühle mich wie eine Krake mit 20 Armen.
Routinen schaffen
Unser Morgen beginnt früh und läuft, genau wie der Abend, jeden Tag nach demselben Muster ab. Wir stehen auf, es gibt Frühstück, zwischendurch wird das Baby wach, wird gewickelt, gewaschen und angezogen, ich mache Frühstück für die Schule, das große Kind hüpft ins Bad und anschließend stillen der kleine Mann und ich. Während ich mich schnell fertig mache, ich bin selber verwundert, wie schnell man duschen kann, passt die Große auf den kleinen Knirps auf und danach laufen wir alle zur Schule. Ich finde Routinen wichtig und glaube fest daran, dass Kinder dadurch einfach durch den Tag kommen. Und es scheint zu funktionieren, denn das Baby hat schon jetzt einen super Rhythmus und geht spätestens um 19.30 Uhr ins Bett. Mal schauen, wann wir einen richtigen Mittagsschlaf einführen, denn bis jetzt schläft er tagsüber am liebsten auf mir und darf das gerne noch eine Weile lang machen.
Und das Baby?
In dieser Woche steht die U4 an und ich vermute, dass das Baby ohne Probleme durch den TÜV kommt. Er greift seinen Oball, grinst, kann seinen Kopf super halten und toleriert immer häufiger die Bauchlage. Die aussortieren Sachen wachsen zu einem beachtlichen Haufen an und die nächsten Flohmärkte sind schon notiert, wie schnell das plötzlich geht. Bis auf seine gesundheitlichen Wehwehchen ist der kleine Mann ziemlich perfekt.
Und die Mama?
Wenn der Schlafmangel und die Sorgen sich noch verabschieden, dann habe ich meinen Platz so richtig gefunden. Das Mamasein ist zwar ein anstrengender Hauptjob, der jeden Tag alles von mir verlangt, aber ich will auf keinen Fall tauschen. Ich bin angekommen, als Mama von zwei wundervollen Kindern, als Herrscherin über unser Chaos, den verrückten Alltag und ich glaube ich mache meinen Job gar nicht so schlecht. „Ne, tauschen würde ich meine Mama nicht. Die ist immer so witzig und hat für fast jede Frage eine Antwort und wenn sie keine hat, dann haben wir ja herrnraufuss, der weiß schließlich alles!“ Wenn 6-Jährige so etwas zur Freundin sagen, dann hat man wohl alles richtig gemacht.
Das Chaos bleibt und bei uns wird es wohl immer eine Spur aufregender und anders sein. Das ist ok und gehört wohl einfach zu uns.